Ein Projekt von der Stadttheater Friedberg e. V. in Kooperation mit der Johann-Peter-Schäfer-Schule Friedberg.
»Robin Hood« in der Friedberger Burg: Ein ziemlich perfekter Spielort für den alten englischen Mythos!
Im Sommer 2024 zogen blinde und seheingeschränkte Kinder zusammen mit den erwachsenen Theaterschaffenden des KINDERLOKAL aus, um diesen Ort zu erobern und den zeitlosen Kampf und Gerechtigkeit und Selbstermächtigung neu zu erzählen. Aus ihrer persönlichen Perspektive.
Zunächst wurde intensiv geprobt. Es entstanden große Pappmaché-Köpfe für jede Figur in der Geschichte. Beim Einsatz von Körper, Stimme, Musik und Requisiten vertiefte sich jedes Kind in seine eigene bevorzugte künstlerische Ausdrucksweise. So entwickelte sich eine surreale Stummfilm-Ästhetik aus den Anfängen des Kinos: Während ein Kind alle Rollen-Texte in ein Mikrofon sprach, agierten andere Kinder in diesen Rollen – ohne Sprache, aber mit den großen Pappmaché-Köpfen und mit großen Gesten. Zwei Kinder übernahmen die musikalische Begleitung an Klavier und Schlagzeug.
Keine Frage, dass das Sichtbar-Werden auf der Bühne das gesamte Team vor ungeahnte Herausforderungen stellte. Das unbekannte Terrain außerhalb der vertrauten (Proben-)Räume, das Agieren mit den riesigen Köpfen, der Aufbau der Stühle, der Transport des Bühnenbilds oder das unberechenbare Wetter: Wie schaffen wir das bloß? Jede*r Einzelne musste ein Stück weit kämpfen und über sich hinauswachsen.
Gerechtigkeit wurde auch in der Rollenverteilung zum Thema: Alle Kinder, die wollten, durften Robin Hood spielen. Und der/die Spielende von Robin Hood konnte den Ablauf der Geschichte unterbrechen, den Pappmaché-Kopf absetzen und ein persönliches Statement abgeben: Wer bin ich? Was bedeutet Gerechtigkeit für mich? Welchen Ungerechtigkeiten bin ich in meinem Leben schon begegnet? Worin bin ich richtig gut und was ist mir wirklich wichtig?
Diese Statements ließen die Kinder mit ihren eigenen Erfahrungen des Nicht-sehen-Könnens und Übersehen-Werdens sichtbar werden. Sie legten Zeugnis ab von ihrem eigenen, alltäglichen Kampf um Gerechtigkeit und Selbstermächtigung.
Copyright Foto: KINDERLOKAL
