Gießens Kinder (er)fahren den Bus

Stolz präsentierten die Viertklässler*innen der Georg-Büchner Schule, die am von Gießen@Schule angebotenen Projekt „Wohin fährst Du?“ beteiligt waren, am vergangenen Freitagnachmittag den Eltern und Bekannten in einer wohnlich hergerichteten Bushaltestelle ihre entstandenen Kunstwerke und ihre Erlebnisse der letzten Wochen.

Kulturhungrige Schulwechsler*innen
Oft bis zu 15 Kinder hatten sich seit Anfang Juni zweimal die Woche in Abwechslung mit den Unterrichtstagen vormittags oder an Nachmittagen getroffen, um sich auf kreativen Wegen der Fahrt mit dem Bus zu nähern, die sie ab dem neuen Schuljahr dann regelmäßig alleine vornehmen werden. Sogar in der zweiten Woche der Schulferien waren sie täglich gekommen, um ihrer Lust am kreativen Schaffen und mutigen Forschen freien Lauf zu lassen. Projektleiterin Claudia Jirka hätte nicht gedacht, dass so viele Kinder auch in den Ferien am Ball bleiben, aber die aktuelle Situation hatte doch einige Familien vom Reisen abgehalten und die Kinder hatten gerade nach der Zeit des Lockdown kulturhungrig und gemeinschaftssuchend das Angebot zum kreativen Ausleben bereitwillig angenommen.

Grenzen überschreiten und den Horizont erweitern
Allmählich werden Kinder älter und erweitern ihren Radius. Damit sie dies mit Bedacht und gleichzeitig sicher tun können, haben sich Claudia Jirka und Roland Siegwald von Gießen@Schule etwas Besonderes ausgedacht: Behutsam und auf verschiedenen Ebenen der Wahrnehmung und mit vielfältigen kreativen Mitteln unter Unterstützung der Gießener Malschule konnten die Kinder die neuen Wege mit dem Bus und durch die Stadt erforschen. Erst wurde in Ruhe beobachtet, was sich an der Haltestelle so abspielt und welche Menschen dort zusammentreffen. Aus den Erkenntnissen entstanden sogenannte charakterisierenden Knickfigurenzeichnungen oder kleine feine Gedichte, in denen viele Menschen lesen, telefonieren oder keine Zeit haben und in denen es auch riecht. Die neue Situation im Miteinander wurde selbstredend zum Thema, wobei die Idee der selbstgebastelten Abstandshüte den Kindern die abstrakte Vorstellung von 1,5 Metern Abstand sehr erleichterte. Von der Fahrt mit dem Bus ging es über zu Interviews mit Passant*innen auf dem Berliner Platz, wo viel umgestiegen wird. Gerade ein sonst im Unterricht recht zurückhaltendes Kind konnte durch die Neugier auf die Interviewpartner*innen eine neue Leidenschaft zur Kommunikation entwickeln, freute sich Claudia Jirka gemeinsam mit der ehemaligen Klassenlehrerin. Die Kinder stellten Fragen, wie „Wohin fahren Sie?“, „Wohin würden Sie jetzt am liebsten fahren?“, aber auch „Was machen Sie, wenn Sie Bus fahren?“ oder „Würden Sie etwas im Bus verändern?“. Schließlich fügten sich die gesammelten Fragmente zu Fotogeschichten zusammen, die von imaginierten Begegnungen an der Haltestelle erzählen.

Verabredungen in der Stadt
Die finale Projektwoche in den Ferien brachte für viele Teilnehmer*innen das eine oder andere besondere Erlebnis mit sich, wie die Möglichkeit, sich an interessanten Orten in der Stadt zu verabreden. Der Besuch im Botanischen Garten, wo die Kinder viele verschiedene Blumen kennen- und zeichnen lernten, war eines davon. Zudem wurden die Ferien mit dem Bus nicht nur von den einzelnen Kindern, sondern sogar auch vom Rest der Familie erfreut als kommunikativer Ort angenommen.  Dass die Fahrt mit dem Bus so viele neuen Erfahrungen eröffnen kann, lernten die Kinder schnell lieben: Das Warten am Bus sei eine ganz besondere Zeit, stellten sie fest. Ein Junge nahm sich vor, auch im eigenen Urlaub die Menschen auf der Reise zu beobachten und die Geschichten in sein kleines Heft zu notieren. Ein anderes Kind meinte traurig zu den Projektleiter*innen: „Warum muss das am Freitag aufhören?“. Schließlich verwandelten die Kinder den vormals fremden Raum zur Abschlussfeier in „ihre“ Haltestelle, indem sie ihn mit selbstgebastelten Möbeln und ihrer Kunst in eine Ausstellungsfläche umgestalteten. Bei der Feier setzten sie ihre Werke theatral für die Gäste in Szene, was auch Schuldezernentin Astrid Eibelshäuser begeisterte. Gemeinsam mit interessierten Besucher*innen wurde zum Abschluss eine Schnitzeljagd begangen, bei der nicht nur Bus gefahren wurde, sondern der Schatz die Aufgabe für jeden darstellte, eine Postkarte mit einem kurzen Resümee des gerade Erlebten zu gestalten, die auch gleich – da bereits frankiert – an die Projektgruppe verschicken werden konnte.
si

Weitere Informationen
Artikel in der Gießener Allgemeinen Zeitung vom 17.07.2020
Gießen@Schule
Malschule Gießen

FAQ
Antrag stellen
Formulare